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Liebe Leserinnen und Leser

Die vorliegende Ausgabe des aktuellen Katalogs der Swiss Art Awards verschafft Ihnen nicht nur einen Einblick in das Schaffen der Preisträgerinnen und Preisträger des grössten Schweizer Kunstpreises, sondern widmet sich auch einem in der Kunstwelt besonders heiklen Thema. Und zwar jenem der Selbstvermarktung, im gängigen Kunstmarkt-Englisch als Self-Marketing bezeichnet. Zum Aufwärmen eine Definition vorneweg: Marketing bedeutet «Methoden und Techniken einzusetzen, um Marktanteile zu gewinnen. Es handelt sich auch um das Marktumfeld, in dem sich ein Unternehmen oder eine Organisation entscheidet zu kämpfen, und um die... Positionierung gegenüber der... Konkurrenz.»
Die Aufgabe des Bundesamtes für Kultur im Rahmen der Schweizer Kunstpreise ist es, die Kunstschaffenden mit ihrem Werk in den Fokus nicht nur einer breiten Öffentlichkeit, sondern auch des Kunstmarktes zu rücken und ihnen so die nötige Dynamik zu verleihen, um ihre Kunst produzieren und davon leben zu können. Sagen wir es offen: Das wirtschaftliche Überleben der Künstlerinnen und Künstlern ist-mit seltenen Ausnahmen-abhängig vom Kunstmarkt. Und wie sieht nun das Self-Marketing unserer Kunstschaffenden, ihre «Positionierung gegenüber der Konkurrenz», in der Realität aus? Hier einige lose Erinnerungen an die letzten Wettbewerbe: Es gibt Künstler ohne Smartphone, unbeantwortete Presseanfragen- aber auch strategischen Facebook-Einsatz, professionelle Installationspläne und Swiss Art Awards-Teilnehmende mit makelloser Organisation. In der Ausstellungshalle findet sich direkt neben einer Arbeit die Bleistiftnotiz mit der eigenen E-Mail-Adresse auf dem Werkschild-falls eine interessierte Käuferin vorbeikommen sollte.
Es gibt aber auch den souverän auftretenden globalen Bohemien, der während der Kunstmesse morgens mit wichtigen Kuratorinnen locker einen Kaffee nach dem anderen schlürft, und die Künstler mit Augenringen, die auf Partynächte mit Galeristinnen hindeuten. Die Palette der Positionierungsstrategien der Kunstschaffenden ist fast genauso breit wie ihre künstlerische Palette.
Auf spielerische Art erkunden wir gemeinsam, wie diese erfolgreichen Schweizer Kunstschaffenden sich selbst im unerbittlichen Kunstmarkt und der Welt der Preise darstellen. Mit Hilfe einer einfachen deskriptiven statistischen Auswertung legen wir anhand von Artefakten-eingereichte Werkbeschreibungen, Einladungskarten, Flyer, usw. - das Self-Marketing unserer Preisträgerinnen und Preisträger frei. Natürlich ist das vor allem eine interessante Lektion für alle, die selber nicht direkt im Kunstumfeld arbeiten. Die künstlerische Selbstvermarktung verrät in ihrer Extremform nach Ansicht der Kunstkritikerin Isabelle Graw viel über den Zustand unserer Gesellschaft. Dass diese Selbstvermarktung darum auch als Teil einer künstlerischen Strategie gelesen werden kann, zeigt der MoMA-Bibliograph und Ephemera-Spezialist David Senior in seinen Eindrücken von Einladungskarten auf.
Diese Publikation zur Selbstvermarktung ist der Auftakt einer neuen thematischen Trilogie der jährlichen Swiss Art Awards-Kataloge. Wir freuen uns, diesen mit Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, begehen zu dürfen. Bleiben sie dran, denn es bleibt spannend. Das Thema der nächstjährigen Ausgabe wird Migration sein, das dritte Heft widmet sich dem Begriff der Förderung. Auf ein Wiedersehen an der Vernissage der kommenden Swiss Art Awards in Basel am 13. Juni 2016!

Léa Fluck

Bundesamt für Kultur, Sektion Kulturschaffen
 

Nadia Schneider Willen

Präsidentin der Eidgenössischen Kunstkommission
 

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